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ENNO BUNGER.

L2160786 von Dennis Dirksen.tif

Es war mir eine reine Freude, ein Interview mit Enno Bunger über seine ostfriesischen Wurzeln zu führen. Dabei dann festzustellen, dass sich unsere Pfade teilweise sogar ähneln (wenn auch zeitlich etwas versetzt), erfüllt mich fast ein bisschen mit Stolz.

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Genau das kann einen Enno Bunger aber nur wenig beeindrucken. 

 

Der festivalerprobte Musiker, den man durchaus als Star bezeichnen kann, hat nämlich einen sehr realistischen und unaufgeregten Blick auf sein Leben. Wenn er auf die Bühne geht, interessieren ihn das Gefühl und die Kreativität und nicht die Masse. Auch wenn er im März 2020 auf Tournee mit Johannes Oerding noch auf einer Arena-Bühne vor 12.000 Menschen stand, war er sich nicht zu schade, kurz nach dem Lockdown ein Online-Konzert alleine für eine Hildegard zum 60. Geburtstag zu spielen. 

 

Nachdem die Corona-Pandemie nämlich das Kulturleben lahmlegte und Ennos geplante Österreich-Tournee ins Wasser fiel, verlegte er seine Konzerttätigkeit ins Internet und spielt nun „wie früher“ private Wohnzimmerkonzerte. 

 

Speziell dafür gründete er gerade erst das Unternehmen „micdrops“, eine Online-Livekonzert-Plattform, über die man den Musiker Enno Bunger für private Konzerte in höchster Audioqualität buchen und sich zwischendurch auch mit ihm unterhalten kann. Bei dieser gelungenen Mischung aus Live-Konzerterlebnis und „Meet and Greet“ mit dem Künstler höchstpersönlich ist sogar eine Lightshow inklusive!

 

„Musik ist für mich kein Pferderennen“, sagt er, denn er schätzt die Zufriedenheit mit dem, was ist, sowie langsames gesundes Wachstum. Auch bevorzugt er ein aufmerksames Publikum, das zuhört.

Das ist auch gut so, denn Enno hat mit seiner klaren friedfertigen Haltung, die seinesgleichen sucht, eine Menge zu sagen. Die Welt täte gut daran, Menschen wie ihm aufmerksam zuzuhören.

 

Aber warum war Enno noch gleich zu Gast in meinem Podcast? 

Genau! Er ist in Westoverledingen in Ostfriesland aufgewachsen und immer noch sehr mit seiner Heimat verbunden, auch wenn er nun in Hamburg lebt.

 

Und Enno wäre nicht Enno, wenn er nicht so einen verrückten Szenespot wie einen Bahnübergang in Steenfelde nennen würde, an dem der Wärter die Schranken nur auf persönliche Anfrage per Gegensprechanlage öffnet. Wenn das nicht typisch ostfriesisch ist!

 

Auch den Ostfriesland-Wanderweg empfiehlt er. Als Jugendlicher fuhr er täglich eine Teilstrecke davon mit dem Fahrrad auf seinem Weg von Flachsmeer nach Leer zur Schule, um das Busgeld für andere Dinge zu sparen. 

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Sein dritter Szenespot-Tipp ist das Limit, die Lieblingsdorfdisco in Ihrhove, in der er seinerzeit viel Popkultur kennenlernte.

 

Ennos Karriere begann im zarten Alter von 3 Jahren mit musikalischer Früherziehung. Nach erfolgreichem Umfunktionieren von Blockflöten zu Drumsticks entdeckte er als 6-jähriger das Klavier für sich. Und es ist letztendlich dem holländischen Klavierlehrer zu verdanken, dass Enno heute eigene Songs schreibt, singt und spielt. Dieser hatte nämlich angeblich keine Noten für die Popsongs, die Enno aus dem Radio kannte und spielen wollte, und sich folglich alles selbst nach Gehör beibringen musste. Diesem weisen Lehrer können wir heute sehr dankbar sein!

 

Nach einem kometenhaften Aufstieg als Barpianist in der Region Leer-Papenburg bekam Enno von der evangelischen Kirche eine Ausbildung zum D-Organisten finanziert. So kam es, dass er sich nach durchtanzten Nächten praktisch direkt vom Limit aus sonntags morgens in die Kirche begab, um dort in gemächlichem Tempo die Gemeindegesänge zu begleiten.

 

Von den Predigten ist nicht viel hängengeblieben: „Meine Religion ist die Kultur“, sagt er und stellt folgerichtig fest, dass gesellschaftlich ein großer Teil an solidarischer Empathie verloren geht, wenn kein Kulturleben stattfindet. Auch deshalb ist Enno heute noch dankbar für die prägenden Jahre und die Förderung durch die Kirche in Ostfriesland. Und dafür, dass sie auf dem Dorf auch einen Ort für Kultur bietet.

 

Natürlich habe ich Enno auch danach gefragt, was er mit dem Thema Freiheit verbindet und wie er seinen Auftrag als Künstler mit ostfriesischem Hintergrund versteht. 

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Dazu sagt er ganz klar, dass wir den Klimawandel noch ernster nehmen müssen, wenn wir die Freiheit - vor allem geografisch - behalten wollen. Denn wenn es so weitergeht wie bisher, dann wird es Ostfriesland in 100 Jahren nicht mehr geben, weil alles unter Wasser steht.

 

Das Glück kann man also nicht festhalten, aber formen, wenn man es wahrnimmt. Und „wir können was dafür, wenn wir nichts dagegen tun“ (Zitat aus Ennos Song „Wo bleiben die Beschwerden?“)
 

In diesem Interview erfährst du außerdem

 

  • dass Enno auf einem kleinen familienbetriebenen Bauernhof aufwuchs und warum er heute überzeugter Vegetarier ist,

  • wo genau der in "Weichzeichnungsfilter" besungene Eichenbaum steht, an dem Enno das Bremsen mit dem Fahrrad gelernt hat,

  • dass sogar eine Straße nach seiner Familie benannt wurde,

  • dass Enno und ich beide mit 16 Jahren bei demselben Kirchenkreiskantor die D-Prüfung für Kirchenmusik gemacht haben,

  • was er an dem ostfriesischen Liedermacher Hannes Flesner schätzt (und was nicht!),

  • wie zwei Freunde den Mut hatten, gemeinsam mit Enno auszuprobieren, von der Musik zu leben,

  • dass sie gemeinsam 2010 bei „Inas Nacht“ aufgetreten sind,

  • warum er in der Schule manchmal „Enno-Penno“ genannt wurde,

  • dass er sich auch selbst Ostfriesenwitze ausdenkt,

  • was der Name Enno Bunger bedeutet,

  • wie Enno klingt, wenn er Plattdeutsch spricht oder andere Ostfriesen imitiert,

  • warum es sein könnte, dass Enno demnächst die Zeile „Ich glaub, ich dreh mich im Kreis“ in seine Konzerte einbauen wird (Bachelor-Insider...).

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Links:

zur Homepage von Enno Bunger

Ostfriesland Wanderweg

Limit Ihrhove

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